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Sächsische Rahmenbedingungen der schulischen Integration

Eine chancengerechte Bildung für jeden Einzelnen stellt hohe Anforderungen an eine systemische und nachhaltige Unterrichts- und Schulentwicklung.

Seit den frühen 1990er Jahren besuchen zugewanderte Kinder und Jugendliche sächsische Schulen. Von Beginn an verfolgt der Freistaat Sachsen das Ziel, für jede Schülerin und jeden Schüler den höchstmöglichen Schulabschluss zu ermöglichen und dabei die ganz individuellen Potenziale jedes Einzelnen zu berücksichtigen. Dafür wurden die rechtlichen und bildungspolitischen Grundlagen geschaffen. Der Freistaat Sachsen verfügt über ein einheitliches, klar strukturiertes und bewährtes schulisches Integrationskonzept: die Sächsische Konzeption zur Integration von Migranten. Diese Konzeption ist Grundlage für die Teilhabe von zugewanderten Kindern und Jugendlichen an regulären Unterrichts- und Bildungsangeboten sowie am gesellschaftlichen, politischen, sozialen und kulturellen Leben außerhalb der Schule. Sie ist Bestandteil der Lehrpläne für das Fach Deutsch als Zweitsprache an allgemeinbildenden sowie berufsbildenden Schulen.

Der Integrationsprozess gestaltet sich schrittweise und ist abhängig von den Vorkenntnissen, dem bisherigen Bildungsweg und den Persönlichkeitsmerkmalen der Schülerinnen und Schüler. Er beginnt vor der Schulaufnahme mit der Besonderen Bildungsberatung in Verantwortung der Koordinatorinnen und Koordinatoren für Migration/Integration des Landesamtes für Schule und Bildung. Die Anmeldung erfolgt über das Online-Anmeldeportal. Die Besondere Bildungsberatung findet entweder am zuständigen Standort des LaSuB (Landesamt für Schule und Bildung ) oder an einer beauftragten Schule statt. In dieser individuellen Beratung werden die Eltern über verschiedene Bildungswege informiert und bei der Wahl der Schullaufbahn unterstützt. Dokumentiert wird die Besondere Bildungsberatung durch ein Formular, das der aufnehmenden Schule übergeben wird. Die weitere Bildungsberatung wird von der aufnehmenden Schule übernommen.

Im weiteren Verlauf erfolgt der Integrationsprozess in der Regel in 3 Etappen:

Allgemeinbildende und berufsbildende Schulen

In der ersten Etappe werden in Vorbereitungsklassen oder Vorbereitungsgruppen die alltagssprachlichen Grundlagen für die Fähigkeit zur Teilnahme am Regelunterricht und am sozialen Leben der unmittelbaren Umwelt vermittelt. Vorbereitungsklassen gibt es an Grund- und Oberschulen, Gymnasien sowie an ausgewählten Beruflichen Schulzentren und den Kollegs. Sie werden durch die Schulaufsicht eingerichtet.

Die Leitung der Vorbereitungsklassen übernehmen Betreuungslehrkräfte und damit gleichermaßen die Funktion der Fachlehrkraft für das Unterrichtsfach Deutsch als Zweitsprache, die Beratungs- und Mentorenfunktion (Beratung von Schulleitung, Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern, Eltern) sowie die Rolle der Integrationsbegleitung.

Im Unterrichtsfach Deutsch als Zweitsprache (in Vorbereitungsklassen/-gruppen oder additiv unterrichtet) gehen die Lehrkräfte vom Sprachhandlungsbedarf der Schülerinnen und Schüler aus, greifen ihre aktuellen Erfahrungen mit dem Deutschen auf und initiieren außerunterrichtliche Sprachkontakte. Für die Planung von Lernprozessen sind die außerunterrichtlich erworbenen Sprachkenntnisse immer wieder als aktivierendes Potenzial festzustellen und als Unterrichtsgegenstand zu nutzen. Eine Benotung findet in der ersten Etappe nicht statt. Andere Formen der Leistungsermittlung sind möglich (vgl. Lehrpläne Deutsch als Zweitsprache für allgemeinbildende und berufsbildende Schulen).

Direktintegration

Schülerinnen und Schüler, die keiner Vorbereitungsklasse zugeordnet werden können, werden im Rahmen von Einzelintegration direkt in die Regelklasse integriert (bspw. im ländlichen Raum). Zusätzlich können sie Unterricht in Deutsch als Zweitsprache klassen-, schul- und schulartübergreifend erhalten (vgl. VwV Bedarf und Schuljahresablauf in der jeweils geltenden Fassung).

Hinsichtlich des Status der Schülerinnen und Schüler gelten die Regelungen der Teil­integration (2. Etappe).

Einschulung in die 1. Klasse

Mit Beginn des Schuljahres 2025/2026 werden Erstklässler, deren Herkunftssprache nicht oder nicht ausschließlich Deutsch ist, grundsätzlich nicht in eine Vorbereitungsklasse/-gruppe aufgenommen, sondern besuchen von Beginn an die Regelklasse. Die Regelungen für die Direkt- bzw. Einzelintegration sind anzuwenden.

Um die Lehrkräfte an sächsischen Grundschulen auf diese besondere pädagogische Herausforderung vorzubereiten, steht ein Unterstützungsmaterial zur Verfügung, welches praxisnahe Anregungen und Antworten auf häufige Fragen rund um eine erfolgreiche Integration lebensweltlich mehrsprachiger Kinder im Anfangsunterricht bietet:

  • Lebensweltliche Mehrsprachigkeit im Anfangsunterricht. Unterstützungsmaterial für einen erfolgreichen Schulstart (Link folgt nach Veröffentlichung)

Allgemeinbildende Schulen

Mit Beginn der zweiten Etappe erfolgt die schrittweise Integration in den Fachunterricht einer Regelklasse der allgemeinbildenden Schulen. Damit ändert sich der Charakter des Unterrichts beim Erlernen des Deutschen als Zweitsprache. Der Schwerpunkt liegt nun auf der „Ausbildung mündlicher und schriftlicher kommunikativer Handlungsfähigkeit mit besonderem Gewicht auf den Ausbau bildungssprachlicher Fähigkeiten“ (Sächsisches Staatsministerium für Kultus 2021, S.7), in Kooperation von Betreuungslehrkräften und den Fachlehrkräften der Regelklassen. Schülerinnen und Schüler in der zweiten Etappe besuchen parallel zum Unterricht in der Vorbereitungsklasse einzelne Fächer im Regelunterricht. Die Wahl der Fächer erfolgt individuell, zumeist der Reihenfolge nach von weniger sprachbetonten hin zu stärker sprachbetonten Fächern. Gemäß Lehrplan Deutsch als Zweitsprache für allgemeinbildende Schulen erhalten die Schülerinnen und Schüler der Vorbereitungsklasse keine Noten. Andere Formen der Leistungsermittlung sind möglich (vgl. Lehrpläne Deutsch als Zweitsprache für allgemeinbildende Schulen).

Berufsbildende Schulen

Mit Beginn der zweiten Etappe erfolgt die Teilintegration in Regelklassen an der berufsbildenden Schule. Damit ändert sich der Charakter des Unterrichts beim Erlernen des Deutschen als Zweitsprache. Neben der Ausbildung mündlicher und schriftlicher kommunikativer Handlungsfähigkeit mit besonderem Gewicht auf den Ausbau bildungssprachlicher Kompetenzen stehen der Erwerb von Grundlagen der Ausbildungsreife sowie eine Berufsorientierung im Mittelpunkt der zweiten Etappe. Parallel zum Unterricht in dem Modul Sprachliche Bildung 2 werden Wahlpflichtbereiche der Module „Grundlagen der Ausbildungsreife“ und „Berufsorientierung“ im Klassenverband bzw. in Gruppen der Vorbereitungsklasse mit individuellen Schwerpunktsetzungen unterrichtet.

Wird der Erwerb eines Schulabschlusses angestrebt, so besucht die Schülerin bzw. der Schüler Unterricht in ausgewählten Fächern der jeweiligen Regelklassen, um neben der sozialen Integration auch an die Herausforderungen des zukünftigen Bildungsganges herangeführt zu werden. Wird die Aufnahme einer dualen Ausbildung angestrebt, bereitet die Teilnahme an ausgewählten regulären berufsübergreifenden und berufsbezogenen Unterricht die Schülerin bzw. den Schüler auf die zukünftigen Ausbildungsanforderungen vor (Sächsisches Staatsministerium für Kultus 2017, S. 6).

Gemäß Lehrplan Deutsch als Zweitsprache mit Grundlagen der Ausbildungsreife und Berufsorientierung für berufsbildende Schulen sind die Leistungen in den Modulen des Lehrplans Deutsch als Zweitsprache gemäß den Regelungen in der Berufsschulordnung mit Noten zu bewerten.

Allgemeinbildende Schulen

In der dritten Etappe ist der Besuch der Vorbereitungsklasse/-gruppe beendet und die Schülerin bzw. der Schüler ist in einer Regelklasse der allgemeinbildenden Schulen voll integriert. Sie bzw. er nimmt additiv am Unterricht in Deutsch als Zweitsprache teil, wenn der Bedarf durch die Lehrkraft, die Schülerin bzw. den Schüler geäußert wird oder mithilfe der Niveaubeschreibungen Deutsch als Zweitsprache nachgewiesen ist. Die Niveaubeschreibungen Deutsch als Zweitsprache werden mit der Halbjahresinformation und den Zeugnissen ausgehändigt. Die Benotung erfolgt in allen Fächern, wie bei allen anderen Schülerinnen und Schülern der Regelklasse. Der bildungslaufbahnbegleitende Unterricht im Fach DaZ wird nicht zusätzlich bewertet.

Berufsbildende Schulen

Schülerinnen und Schüler, welche ihre Bildungslaufbahn auf dem ersten Bildungsweg fortsetzen, wechseln in der dritten Etappe in einen regulären berufsbildenden oder studienqualifizierenden Bildungsgang, nicht selten an eine andere berufsbildenden Schule. Der Besuch der Vorbereitungsklasse/-gruppe ist beendet und die Schülerin bzw. der Schüler in einer Regelklasse voll integriert. Sie bzw. er nimmt additiv am Unterricht in Deutsch als Zweitsprache teil, wenn der Bedarf mithilfe der Niveaubeschreibungen Deutsch als Zweitsprache nachgewiesen ist. Die Benotung erfolgt in allen Fächern, wie bei allen anderen Schülerinnen und Schülern der Regelklasse. Der bildungslaufbahnbegleitende Unterricht im Fach DaZ wird nicht zusätzlich bewertet.

Weiterführende Informationen zur Umsetzung der Sächsischen Konzeption zur Integration von Migranten im schulischen Alltag:

Die Kompetenzzentren Sprachliche Bildung bieten zudem Unterstützung bei der Umsetzung sprachlicher Bildung als interdisziplinäre Aufgabe von Kindertageseinrichtungen, Schulen, Elternhäusern und außerschulischen Partnerinnen und Partnern.

Das Pilotprojekt „Lernen durch Praxis“

Das Bildungsangebot „Lernen durch Praxis“ (LdP) ist ein Pilotprojekt und richtet sich an geflüchtete Jugendliche ab 15 Jahren mit unterbrochener Bildungslaufbahn. Ziel ist es, die Schülerinnen und Schüler innerhalb von drei Jahren sprachlich und fachlich gepaart mit intensivem Praxislernen in Beschäftigung oder ggf. zur Ausbildungsreife zu führen.

Der Bildungsgang ist auf der Grundlage der Sächsischen Konzeption zur Integration von Migranten konzipiert. Es gelten die Lehrpläne für Deutsch als Zweitsprache mit Grundlagen der Ausbildungsreife und Berufsorientierung sowie des Berufsvorbereitungsjahres. Ergänzt werden diese um die Module Schulische Basiskenntnisse und Praxislernen, für die ein Rahmencurriculum entwickelt wurde. Der Bildungsgang gliedert sich in zwei Etappen:

Der Unterricht in der ersten Etappe (1. Jahr) erfolgt im Rahmen der Vorbereitungsklasse Lernen durch Praxis (VK LdP). Den überwiegenden Anteil nimmt der Unterricht im Fach Deutsch als Zweitsprache ein, 40h sind in den schulischen Werkstätten zu absolvieren. Darüber hinaus können bereits in der ersten Etappe einzelne Lernbereiche aus dem Modul Schulische Basiskenntnisse vermittelt und Praktika in Betrieben durchgeführt werden.

Mit dem Übergang in die zweite Etappe (2./3. Jahr, BVJ LdP) reduziert sich der Unterricht auf wöchentlich zwei Tage: im Fach Deutsch als Zweitsprache, zum Erwerb schulischer Basiskenntnisse sowie zur Umsetzung des Lehrplans des BVJ. An den weiteren Tagen erwerben die Jugendlichen praktische Erfahrungen und berufspraktische Kompetenzen in den Werkstätten des Beruflichen Schulzentrums oder in Betrieben vor Ort.

Organisatorisch angebunden ist das Bildungsangebot an dem bestehenden Bildungsgang des zweijährigen Berufsvorbereitungsjahres. Damit stehen den Jugendlichen neben den Lehrkräften auch Praxisbegleiterinnen und Praxisbegleiter sowie Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen zur Verfügung

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